Noch schlechter als schwache Porositätswerte kann nur die Reklamationsresistenz eines Herstellers sein. Niemand sucht sich schlechtes Material aus. Aber Qualitätskontrolle ist Pflicht. Und wenn eigene Versäumnisse übersehen werden, wird es heikel für Piloten die das Produkt nutzen

In meiner Werkstatt tauchte ein konkreter Fall auf: ein nagelneuer Tandem-Schirm in Lila. Ich wollte für Tandemunternehmen die Beschriftung anbringen und habe vorab den Stoff gemessen. JDC Mark 2 angesetzt, Protokoll geschrieben, Ergebnis im Schnitt etwa 300 s bei einem fabrikneuen Tuch. Meine Empfehlung: zurückgeben. Nach einigem Hin und Her kam ein Ersatz mit besseren Werten, im Mittel um 650 s. Dazu das Versprechen, dass das Tuch lange stabil bleibt. Nett, aber Papier ist geduldig

Nach genau zehn Monaten, gewerblich geflogen und ordnungsgemäß zum Jahrescheck, lagen die neuen Messwerte bei rund 30 s im Schnitt. Nicht mal 200 Flüge. Solche Mittelwerte erwartet man, wenn ein sechs Jahre alter Tandem irgendwo in die dritte Einsatzrunde geht, nicht in Europa nach so kurzer Zeit

Heute kam ein weiterer Schirm in derselben lilafarbenen Bahn zum Check. Gleiches Grundtuch: Dominico TEX 30 DMF / N20 DMF, wieder Lila. Porosität durchschnittlich etwa 40 s. An kleinen schwarzen Stellen dagegen 850 s. Das passt nicht zu falscher Lagerung im Hochsommer oder nass eingepackt und dann liegengelassen. Das Bild ist konsistent: ein Materialproblem in einer Farb- oder Chargenkombination ist wahrscheinlicher als Nutzerfehler

Was steckt im Tuch eigentlich drin

Gleitschirmtücher sind meist Nylon 6.6 Ripstop in 20–30 Den. Die Luftdichtheit kommt durch Kalanderung und Beschichtungen. Verbreitet sind Polyurethan-Beschichtungen (PU), teils kombiniert mit Silikon. „DMF“ weist bei Dominico auf eine PU-Beschichtung hin, die mit dem Lösungsmittel Dimethylformamid aufgebracht wird. Ziel ist eine gleichmäßige, dünne Schicht, die Luftdurchgang bremst, UV und Feuchte widersteht. Wenn Rezeptur, Lösemittelreste, Trocknung, Färbung oder die Textilcharge nicht perfekt zusammenspielen, kippen die Werte schneller als erwartet

Wie wird Porosität gemessen

Im Feld nutzen wir häufig das JDC Mark 2 Porosimeter. Es misst die Zeit in Sekunden, die eine definierte Luftmenge durch eine definierte Fläche bei konstantem Unterdruck braucht. In der Produktion stehen Laborgeräte wie TexTest FX 3300, die mit konstantem Differenzdruck und größerer Prüffläche arbeiten. Wichtig ist die Reproduzierbarkeit: gleiche Stelle vermeiden, mehrere Zonen messen, Mittelwert bilden, Messprotokoll ablegen

Was du als Pilot tun solltest

  • Direkt nach dem Kauf messen. Vor dem ersten Flug. Werte dokumentieren, Fotos machen.
  • Auf Umtausch bestehen, wenn die Porosität signifikant vom Erwartbaren abweicht.
  • Bei Checks nicht nur Zeilen auf dem Zettel sammeln. Lass dir Messpunkte und Streuung erklären.
  • Augen auf bei Farbvarianten. Wenn eine Farbe wiederholt ausreißt, lohnt genaueres Hinsehen
  • UV und Hitze vermeiden, trocken lagern, aber: gute Pflege kann schlechte Chemie nicht retten

Mein Fazit nach zwei realen Fällen

Ich sehe keine Verschwörung. Ich sehe ein Qualitätsproblem, vermutlich farb- oder chargenbezogen, das bei Dominico 30 DMF / N20 DMF in Lila zu schwachen Startwerten und schnellem Abbau führte. Das sind Beobachtungen aus meiner Werkstatt, keine Statistik. Genau deshalb ist Transparenz wichtig. Messen, reden, lösen

Willst du deine Porosität messen lassen? Schreib mir hier: paraglidingservice.com/kontakt

Kurz erklärt: Porositätszahlen

Je höher die Sekunden im JDC-Test, desto dichter das Tuch. Ein Sprung von 650 s auf 30 s in zehn Monaten bei moderater gewerblicher Nutzung ist nicht normal, das sollte untersucht werden

Porositaet TEX 30 DMF N20 DMF

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